Die Wissenschaftsstadt Darmstadt ist eine wachsende Stadt. Bis 2035 werden voraussichtlich etwa 18.000 zusätzliche Wohnungen benötigt. Mit den steigenden Bevölkerungszahlen ist i. d. R. auch ein entsprechendes Wachstum des Verkehrs verbunden. In Darmstadt stößt der Kfz-Verkehr jedoch bereits heute an seine Grenzen. Aus diesem Grund hat die Stadt entschieden, in der „Lincoln-Siedlung“, einem neuen, großen Wohngebiet, die Vision eines nachhaltigen Mobilitätskonzeptes umzusetzen. Dieses bildet die Grundlage für eine multimodale, d. h. auf die Nutzung verschiedener Verkehrsmittel ausgerichtete Quartiersentwicklung, bei der die Unabhängigkeit vom (eigenen) Auto gefördert werden soll. Die Lincoln-Siedlung stellt ein sogenanntes “Reallabor“ dar – Hierbei handelt es sich um einen zeitlich und räumlich begrenzten Testraum, in dem beispielsweise innovative Technologien oder Konzepte erprobt werden. Kennzeichnend ist die enge Zusammenarbeit von Wissenschaft, Planungspraxis und Gesellschaft. Das in der Lincoln-Siedlung erworbene Wissen soll genutzt werden, um geeignete Maßnahmen sowohl auf weitere Neubauquartiere wie das Ludwigshöhviertel als auch auf Bestandsquartiere zu übertragen. Ziel ist es, somit die Mobilitätswende in Darmstadt weiter voranzubringen.
Was ist das Besondere an der
Lincoln-Siedlung?
Die Lincoln-Siedlung liegt am südlichen Rand der Kernstadt in ca. 3 km Entfernung zur Innenstadt sowie zum südlichen Stadtteil Eberstadt. Auf dem ehemaligen Wohngebiet der amerikanischen Streitkräfte soll auf knapp 25 ha Wohnraum für bis zu 5.000 Menschen entstehen.
Die Lincoln-Siedlung ist dadurch gekennzeichnet, dass von Beginn an Mobilitäts- und Stadtentwicklungsplanung zusammen betrachtet wurden. Unter Einbindung der Bürgerschaft wurde ein Mobilitätskonzept entwickelt, das kontinuierlich evaluiert und angepasst bzw. erweitert wird.
Ein zentraler Bestandteil des Mobilitätskonzeptes ist das autoreduzierte Wohnen: In der Lincoln-Siedlung werden pro Wohnung weniger Kfz-Stellplätze errichtet als es in Darmstadt bisher üblich ist. Der öffentliche Raum in der Lincoln-Siedlung soll vor allem zum Aufenthalt einladen. Die Flächen für den Kfz-Verkehr wurden entsprechend gering gehalten und qualitativ hochwertige Fuß- und Radwege geplant. Zudem findet eine Trennung von Wohnen und Parken statt. Konkret bedeutet das, dass nicht für jede Wohnung ein Stellplatz vorgesehen ist. Die vorhandenen Stellplätze werden nach sozial-verträglichen Kriterien durch das Mobilitätsmanagement vergeben. Somit müssen nur diejenigen Bewohner/-innen für einen Stellplatz zahlen, die auch einen Stellplatz benötigen.
Darüber hinaus wurde darauf geachtet, den Bewohner/-innen von Beginn an zahlreiche alternative Mobilitätsangebote, wie z. B. Bike- und Carsharing sowie E-Carpooling, zur Verfügung zu stellen.
Mit diesen sowie den weiteren Bausteinen des Mobilitätskonzeptes, die im Folgenden detaillierter beschrieben werden, soll der Verkehr in der Lincoln-Siedlung nachhaltig gestaltet und die Unabhängigkeit vom eigenen Auto gefördert werden.
Aus welchen Bausteinen besteht das Mobilitätskonzept?
Infrastrukturmaßnahmen
- Reduzierte Flächen für den Kfz-Verkehr, weitestgehend verkehrsberuhigte Straßen
- Dichte Netze für den Fuß- und Radverkehr mit breiten Gehwegen und guten Anschlüssen in die Umgebung/in Nachbarquartiere
- Verbesserung der Anbindung für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) durch den Bau der neuen Straßenbahnhaltestelle „Lincoln-Siedlung“ mit Direktverbindungen in die Innenstadt, zum Hauptbahnhof und zu den umliegenden Gewerbegebieten
- Geringeres Angebot an Kfz-Stellplätzen als üblich (0,65 Stellplätze/Wohneinheit), Großteil der privaten Stellplätze in Sammelgaragen am Quartiersrand im Radius von max. 300m zur Wohnung (0,5 SP/WE, restliche 0,15 SP/WE wohnungsnah) sowie eine reduzierte Anzahl von Stellplätzen für Besucher/-innen im öffentlichen Raum
- Erhöhtes Angebot an wohnungsnahen privaten Fahrradabstellanlagen (2,4 SP/WE) sowie zahlreiche Abstellangebote im öffentlichen Straßenraum
- unterschiedliche Sharing-Angebote (Car- und Bikesharing, E-Lastenradverleih) an mehreren Standorten (einschließlich eines für die Bewohnerschaft exklusiven E-Carpooling-Systems)
- Ausbau von Haltestellen als multimodale Mobilitätsstationen, d. h. mit mehreren Mobilitätsangeboten vor Ort
- Ladestationen für Elektroautos im öffentlichen Raum sowie Stellplätze mit einer entsprechende Vorrüstung (Stromanschluss zum Ausbau bereits vorhanden) auf Privatgrundstücken bzw. in Sammelgaragen
Stellplatzmanagement
- Zentrale Stellplatzvergabe aller privaten Kfz-Stellplätze durch das Mobilitätsmanagement auf Grundlage einer Stellplatzvergabeordnung
- Bewirtschaftung aller öffentlichen und privaten Stellplätze, d. h. alle Stellplätze in der Lincoln-Siedlung sind kostenpflichtig.
Mobilitätsmanagement
Das Mobilitätsmanagement wird in Kooperation zwischen dem Mobilitätsamt der Wissenschaftsstadt Darmstadt mit der städtischen Verkehrsgesellschaft HEAG mobilo betrieben und ist von Beginn an in der zentral in der Lincoln-Siedlung gelegenen Mobilitätszentrale für die folgenden Aufgaben zuständig:
- Individuelle und kostenfreie Mobilitätsberatung („MobiCheck“)für die Bewohnerschaft
- Beratungsgespräche für alle Akteure/Akteurinnen im Quartier, wie Bewohnerschaft, Projektentwickler/-innen, Planer/-innen und Bauherren/Bauherinnen
- Verkauf von Tickets für den ÖPNV und Unterstützung bei der Freischaltung von Sharing-Angeboten (u. a. E-Carpooling)
- Organisation von multimodalen Mobilitätsangeboten und deren Einsatz,
- Organisation und Durchführung von Beteiligungsveranstaltungen
Die Finanzierung des Mobilitätsmanagements ist langfristig gesichert: Zum einen durch eine Anschubfinanzierung, die hälftig von der Vorhabenträgerin (BVD nl) und der Wissenschaftsstadt Darmstadt getragen wird, durch anteilige Einnahmen aus der Stellplatzvermietung (25 % der Mieteinnahmen, mind. jedoch 20 EUR je Stellplatz und Monat) sowie durch Einnahmen aus multimodalen Mobilitätsangeboten
Beteiligung
Bereits im Zuge der Rahmenplanung 2011 erfolgte eine Beteiligung der Bürgerschaft im Rahmen von Workshops. Auch anschließend wurde die Bewohnerschaft in den Umsetzungsprozess des Mobilitätskonzeptes mit verschiedenen Formaten kontinuierlich eingebunden:
- Im Mai 2017 wurde zu einer großen Informationsveranstaltung eingeladen, an der die Hintergründe des Mobilitätskonzeptes erläutert und die damit verfolgten Ziele sowie die geplanten Maßnahmen vorgestellt wurden. Schon hier hatte die Bürgerschaft Gelegenheit, die Planung zu kommentieren und weitere Vorschläge zu machen.
- Im Folgenden konntensich alle derzeitigen und zukünftigen Bewohner/-innenim Arbeitskreis Mobilität kontinuierlich über den Fortschritt der Entwicklung der Lincoln-Siedlung in Sachen Mobilität informieren, Anregungen einbringen und ggf. Schwerpunktthemen setzen. Der Arbeitskreis hat zwei- bis dreimal im Jahr getagt.
- Auch die in der Lincoln-Siedlung eingerichtete Nachbarschaftsrunde, unter der Federführung der Evangelischen Andreasgemeinde, die ca. viermal jährlich tagt, bietet die Möglichkeit, sich über aktuelle Projekte und Maßnahmen rund um die Lincoln-Siedlung zu informieren.
- Des Weiteren konnte beim alljährlichen Sommerfest auf Lincoln – z. B. über „Probierangebote“ – das Mobilitätskonzept „getestet“ und Anregungen eingebracht werden.
- Über den sog. Mobilitätsbeirat werden auch die Projektentwickler/-innen und Grundstückseigentümer/-innen der Lincoln-Siedlung dauerhaft eingebunden. Hier werden u. a. Kriterien für die Stellplatzvergabe diskutiert und beschlossen. Zudem kann Einsicht in die Finanzierung des Mobilitätsmanagement genommen werden. Der Beirat tagt mindestens einmal jährlich.
Was wurde bereits umgesetzt?
Seit 2017 werden die einzelnen Bausteine des Mobilitätskonzeptes umgesetzt. Somit konnten der Bewohnerschaft bereits früh verschiedene Mobilitätsangebote zur Verfügung gestellt werden, die den Verzicht auf ein eigenes Auto erleichtern. Bisher wurden die folgenden Maßnahmen umgesetzt bzw. befinden sich in der Umsetzung:
- Bau der neuen, fußläufig gut zu erreichenden Straßenbahnhaltestelle „Lincoln-Siedlung“ als Ergänzung zu der bereits bestehenden Straßenbahnhaltestelle „Marienhöhe“ (Haltestelle von drei Straßenbahnlinien)
- Bau von zwei Ampeln zur Querung der angrenzenden Heidelberger Straße
- Ausbau der Fahrradinfrastruktur Richtung Innenstadt sowie zu den benachbarten Quartieren
- Bereitstellung von mehreren E-Carpooling-Fahrzeugen für die Bewohner/-innen (derzeit 4 Stunden pro Woche von jedem bzw. jeder Bewohner/-in kostenfrei nutzbar)
- Bereitstellung von mehreren Carsharing-Fahrzeugen des örtlichen Anbieters „book-n-drive“ (inkl. sog. „CityFlitzer“) sowie Errichtung von Bikesharing-Stationen
- Kostenfreies E-Lastenradverleihsystem „Heinerbike“ sowie eine Station des kommerziellen Anbieters „Sigo“ mit zwei E-Lastenrädern
- Einrichtung des kostenlosen und individuellen Beratungsservice „MobiCheck“ zum eigenen Mobilitätsverhalten vor Ort in der Mobilitätszentrale (Analyse sowie ggf. Empfehlungen für eine schnellere/günstigere Mobilität im Alltag)
- Parkraumbewirtschaftung im öffentlichen Straßenraum in den fertiggestellten Teilabschnitten des Straßennetzes
- Inbetriebnahme von drei Sammelgaragen mit Vergabe der dortigen Kfz-Stellplätzeüber das Mobilitätsmanagement der Lincoln-Siedlung
- Inbetriebnahme der Grundschule und Fertigstellung des Quartiersparks mit den damit verbundenen Netzen für den Fuß- und Radverkehr
- On-Demand-Shuttle „HeinerLiner“
Haltestelle Lincoln-Siedlung
(Quelle: StetePlanung)
sigo E-Lastenradverleihstation
(Quelle: Hanna Wagener)
e-Carpooling
(Quelle: Torsten Friedrich)
HeinerLiner
(Quelle: HEAG mobilo)
Aktuelles
17. Juni 2023 von 15-18 Uhr
Sommerfest & MobiTour in der Lincoln-Siedlung auf dem Quartiersplatz
3. Mai 2023
Umsetzung Platz 1 des Ideenwettbewerbs: Radfahrkurse für Anfängerinnen in der Lincoln-Siedlung. Pressemitteilung vom 3.5.23
8. März 2023
3. Haushaltsbefragung zur nachhaltigen Mobilität auf Lincoln gestartet. Pressemitteilung vom 8.3.23
1. März 2023
Die neue eCarpooling-Fahrzeugflotte „mein lincolnmobil“ ist da. Hier geht’s zur Anmeldung.
28. Februar 2023 um 18:30 Uhr
MobiTreff Lincoln, der Link zur Veranstaltung wird Ihnen nach Anmeldung unter moma.lincoln@darmstadt.de zugesandt.
1. Februar 2023
ZDF-Drehscheibe: Lincoln als Vorzeigeprojekt ökologischer Stadtplanung.
Downloads
Fachbroschüre
Imagebroschüre
Flyer
Dokumentation Bürgerveranstaltung
Stellplatzvergabeordnung
FAQ
Abschlussbericht QuartierMobil 1: Reallabor Lincoln-Siedlung
Forschungsbericht der Goethe Universität – NaMoLi 1
Abschlussbericht NaMoLi 1
Abschlussbericht Gesamtkonsortium QuartierMobil 1
1. Evaluierungsbericht des Mobilitätskonzeptes der Lincoln-Siedlung
Auflistung Publikationen zur Lincoln-Siedlung
Ergebnisse der Wegetagebücher (NaMoLi 2)
Kontakt
Sie haben Fragen oder möchten mehr zu den Projekten wissen? Dann wenden Sie sich bitte an die folgenden Ansprechpartnerinnen:
Gisela Stete
StetePlanung
Sandbergstraße 65
64285 Darmstadt
E-Mail: kontakt@steteplanung.de
Telefon: +49 (0)6151 65233
Hanna Wagener
Mobilitäts- und Tiefbauamt Darmstadt
Abteilung Mobilität
Mina-Rees-Straße 8-10
64295 Darmstadt
E-Mail: moma.lincoln@darmstadt.de
Telefon: +49 (0)6151 13 2809